Alexandra Meissnitzer ist das, was man landläufig unter “Macherin” versteht. Als Skirennläuferin gehörte sie zu den Besten ihres Fachs und auch nach ihrer sportlichen Karriere hatte die Salzburgerin alles weiter fest im Griff.
Die 46-Jährige glänzt nicht nur als Co-Kommentatorin und Moderatorin – wie erst kürzlich beim Rücktritts-Pressegespräch mit Anna Veith -, sondern auch als Gastronomin in ihrem “Genussprojekt”.
Im Interview verrät Meissnitzer, welche berühmte Persönlichkeit sie gerne einmal treffen würde, was sie aus ihrer Kindheit vermisst und welche Ratschläge sie ihrem jüngeren Ich mitgeben würde.
DIE STRASSE DER SIEGER: Wofür bist du besonders dankbar in deinem Leben?
Alexandra Meissnitzer: Für vieles. Beginnend mit dem Privileg, in Österreich geboren worden zu sein. In eine Familie, wo ich eine schöne Kindheit verbringen durfte. Wenn man noch dazu ein Talent mitbekommt und es schafft einen Traum zu verwirklichen, ist das das größte Geschenk. Ich habe als Kind schon gesagt, dass ich mal Ski-Weltmeisterin werde.
So früh war für dich das schon klar?
Ja, angeblich habe ich das bereits mit 5 Jahren im Kindergarten gesagt und meinen Traum dann beharrlich verfolgt (lacht). Es war nicht die Idee meiner Eltern, sondern ganz allein mein Wunsch.
“Es war nie so, dass ich einen absoluten Hero hatte. Ich habe mir einfach viel von den Großen abgeschaut.”
Meissnitzer über Vorbilder
Wie kommt man mit 5 Jahren dazu zu sagen, dass man Weltmeisterin werden will?
Meine Mama meint, ich wollte immer nur Ski fahren. Jeden Tag und am besten den ganzen Tag. Die Begeisterung war also ausschlaggebend. Ich habe mir das Skifahren hinterm Haus selbst beigebracht. Mein Papa hat immer gesagt, er nimmt mich erst zum Lift mit, wenn ich einigermaßen gut Ski fahren kann. Dann habe ich mir einfach die Skier angezogen, bin den Hügel rauf gegangen und dann runtergefahren. Und das immer und immer wieder. Ich habe es einfach so gerne gemacht.
Hattest du ein Vorbild?
Anfangs nicht, aber danach gab es schon einige Läuferinnen und Läufer, die mich fasziniert haben. Ingemar Stenmark zum Beispiel oder Annemarie Moser-Pröll und Petra Kronberger. Es war aber nie so, dass ich einen absoluten Hero hatte. Ich habe mir einfach viel von den Großen abgeschaut.
Es ist Feueralarm: Was rettest du mit deinen zwei Händen?
Es gibt keinen Gegenstand, der für mich eine extrem große Bedeutung hätte. Ich hatte meine Weltcupkugeln oder Medaillen auch ewig in meinem Elternhaus in Abtenau. Ich muss die Auszeichnungen nicht jeden Tag sehen. Deswegen würde ich meinen Pass und meine Kreditkarte retten (lacht). Das hat aber auch den Hintergrund, dass es in Lake Louise, wo ich früher als Athletin oft war und jetzt als Co-Kommentatorin regelmäßig bin, in der Rennwoche immer mindestens einen Feueralarm gibt. Und da habe ich mich schon oft gefragt, was ich eigentlich mitnehmen würde, wenn’s brennt. Im Endeffekt bin ich dann auf Pass und Kreditkarte gekommen, weil ich dann wenigstens wieder heimfliegen könnte.
Welches Talent würde man dir nicht zutrauen?
Ich glaube, das Schreiben fällt mir relativ leicht. Wenn ich mal ein Buch schreiben sollte, möchte ich es selbst schreiben. Aber noch bin ich nicht so weit, da fehlt noch das entscheidende Kapitel. Es gibt bereits Millionen von Biografien, die für mich zu wenig aussagen. Eine Goldmedaille gewonnen zu haben, reicht aus meiner Sicht nicht. Es soll in die Tiefe gehen und einen Mehrwert bieten.
Welche Erfindung bewunderst du am meisten?
Strom und Penicillin.
“Ursula von der Leyen. Um sie zu fragen, wie sie es schaffen will, die europäischen Länder zu vereinen.”
Meissnitzer würde gerne einmal die EU-Kommissionspräsidentin treffen
Wenn du eine Sache auf dieser Erde ändern könntest, welche wäre das?
Gleichberechtigung auch leben. Dadurch können wir dem Ungleichgewicht und somit auch Konflikten/Kriegen entgegen wirken.
Mit welcher Person würdest du gerne mal an der Hotelbar einen Abend verbringen?
Mit Ursula von der Leyen (Präsidentin der Europäischen Kommission, Anm.). Um sie zu fragen, wie sie es schaffen will, die europäischen Länder zu vereinen. Aus meiner Sicht sind wir weit von einer Einigkeit entfernt, die es brauchen würde. Einzelne Länder agieren selbstständig, das hat man auch in der Coronazeit wieder gesehen.
Was würdest du gerne noch lernen in deinem Leben?
Sprachen. Ich möchte gerne noch italienisch lernen.
Welchen Moment in deiner Kindheit wirst du nie vergessen?
Ich bin als Kind nach einem langen Tag im Winter oft vor dem Haus meiner Oma gestanden und habe nach Einbruch der Dämmerung laut angefangen zu schreien. Ich konnte die Seilzugbindung nicht mehr aufmachen, weil meine Finger schon so kalt waren. Dann ist meine Oma gekommen und es hat immer das gleiche Prozedere gegeben: Sie hat mich auf die Ofenbank gesetzt und meine Finger in ein ganz warmes Handtuch eingewickelt. Im Winter gab es diese Situation beinahe jeden Tag (lacht).
Was macht dich nervös und warum?
Nervös macht mich, wenn ich keine Kontrolle habe bzw. ich nicht weiß, was auf mich zukommt. Das Gefühl zu haben, nicht gut genug vorbereitet zu sein. Ich brauche klare Strukturen, das ist für mich ganz wichtig.
Vertraust du auf Rituale oder Aberglaube?
Abergläubisch bin ich nicht, Rituale wiederum finde ich gut. Alles, woran man gewöhnt ist, gibt Sicherheit. Ich denke zum Beispiel vor einem wichtigen Termin/Auftritt an meine Fußsohlen und atme bewusst tief ein und aus – um mich zu erden. Es gibt hier simple Methoden, welche wunderbar funktionieren.
Welche Dinge aus deiner Kindheit hättest du gerne wieder zurück?
Das Essen meiner Oma, speziell den Apfelkuchen (lacht). Und die Unbeschwertheit. Ich ertappe mich oft, dass ich nach wie vor zu ehrgeizig bin, wenn es um neue Projekte geht. Ein Kind lebt in den Tag hinein, die Zeit verfliegt nicht, es zählen die Momente. Es ist alles schon sehr schnell geworden.
Welche drei Ratschläge würdest du deinem jüngeren Ich mitgeben?
Hab Vertrauen, vor allem in dich selbst. Höre gut zu und lerne. Fehler machen ist okay, sei nicht zu streng mit dir.
Interview: Kurt Vierthaler